Anders als vielfach befürchtet hat die Wiedereröffnung der Schulen nach den Sommerferien das Pandemiegeschehen in Deutschland nicht beschleunigt, sondern sogar verlangsamt. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher des Bonner Institute of Labor Economics (IZA) in einer aktuellen Untersuchung.
Die Studie liegt der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwochsausgabe) exklusiv vor. In Bundesländern, in denen die Schule wieder losging, traten drei Wochen später im Durchschnitt 0,55 Fälle pro Tag und 100 000 Einwohner weniger auf als in Bundesländern, die den Wiederbeginn der Schulen bereits hinter oder noch vor sich hatten.
Effekt zeigt sich in bestimmter Altersgruppe besonders stark
Besonders stark zeigte sich dieser Effekt bei Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren. In dieser Altersgruppe reduzierte sich die Zahl der Fälle pro Tag und 100.000 Einwohner sogar um 1,4. Bei Menschen über 60 zeigte sich dagegen keine Veränderung. Die Forscher um den Bildungsökonomen Ingo Isphording werteten für Ihre Studie Infektionszahlen des Robert-Koch-Instituts aus. Sie stützen sich jeweils auf die zwei letzten Wochen der Sommerferien und die drei ersten Wochen des neuen Schuljahres.
Nachdem die Schulen in ganz Deutschland Mitte März aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen worden waren, öffneten sie nach den Sommerferien in allen Bundesländern wieder, allerdings unter strengen Hygienemaßnahmen. Als erstes Bundesland öffnete Mecklenburg-Vorpommern Anfang August die Schulen wieder, als letztes Baden-Württemberg Mitte September.
Ökonom sieht zwei Ursachen für positiven Effekt der Schulöffnungen
Isphording sieht zwei Ursachen für den Effekt der Schulöffnungen. Erstens hätten Eltern sich vernünftiger verhalten, um ihre Kinder nicht dem Risiko einer Quarantäne auszusetzen. Zweitens hätten die strengen Hygienemaßnahmen an den Schulen – etwa die Maskenpflicht auf den Gängen oder sogar im Unterricht – Wirkung gezeigt.
„Angesichts der hohen unmittelbaren und längerfristigen Humankapitalkosten, die durch die Schließung von Schulen entstehen, können die Ergebnisse dazu beitragen, die Kosten-Nutzen-Erwägungen einer Rückkehr zum Präsenzunterricht neu zu bewerten“, sagt Isphording. „Auch sollte der Reflex, Schulen als Antwort auf wieder steigende Fallzahlen zu schließen, überdacht werden.“
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