Hat SARS-CoV-2 eine Abneigung gegen warm-feuchtes Wetter?
Eine aktuelle Studie zeigt, dass neun von zehn Infektionen mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 bisher in Regionen auftraten, in denen die durchschnittlichen Tagestemperaturen zwischen drei Grad Celsius und 17 Grad Celsius lagen. Zudem betrug die absolute Luftfeuchtigkeit in den Regionen vier bis neun Gramm pro Kubikmeter. Das amerikanische Forschungsteam prognostiziert, dass der Sommer die Pandemie abschwächen kann.
Forschende des Massachusetts Institute of Technology untersuchten das Schema der Verbreitung des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 und stellten dabei fest, dass sich das Virus besonders stark in Ländern ausbreitete, in denen ähnliche Witterungsbedingungen wie in China zum Zeitpunkt des Ausbruchs vorherrschten. In China-nahen Ländern mit wärmerem und feuchtem Klima wie Singapur, Malaysia, Thailand und anderen südostasiatischen Ländern seien dagegen deutlich geringere Wachstumsraten verzeichnet. Die Ergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „Social Science Research Network“ veröffentlicht.
Ähnliche Witterungsbedingungen
Das Forschungsteam stellte fest, dass die Erkrankungszahlen am stärksten in den Ländern steigen, in denen ähnliche Wetterverhältnisse herrschen, wie in der stark betroffenen Region Hubei in China. So herrschten dem Studienteam zufolge in Italien, Iran und Südkorea zum Zeitpunkt der rasanten Ausbreitung ähnliche Witterungsbedingungen wie in Wuhan und anderen chinesischen Städten, in denen sich das Coronavirus stark ausbreitete.
SARS-CoV-2 scheint warme Regionen zu meiden
Das Virus scheint demnach eine Tagesdurchschnittstemperatur zwischen 3°C und 10°C zu bevorzugen mit einer Luftfeuchtigkeit von 4 bis 9 g/m3. Diese These wird auch dadurch gestützt, dass sich das Virus in wärmeren Regionen wie Thailand, die sich in direkter Nähe zu China befinden, weniger stark ausbreitete. Zudem zeigten die Forschenden, dass es auch innerhalb der USA ein auffälliges Nord-Süd-Gefälle bei der Ausbreitung gibt. In den kühleren Staaten des Nordens seien mehr Erkrankungen gemeldet als in den wärmeren Staaten des Südens. Sogar innerhalb von Kalifornien sei die Zahl der Fälle im Norden doppelt so hoch wie im Süden.
Es gebe jedoch auch zwei Staaten, die nicht in dieses Bild passen. Hierzu zählt der Staat Oregon, der trotz relativ nördlicher Lage wenig Erkrankungen verzeichnete und der Staat Louisiana, in dem trotz südlicher Lage verhältnismäßig viele Erkrankungen gemeldet wurden.
SARS-CoV-2 scheint trockene Luft zu bevorzugen
Zudem stellte das Team um Forschungsleiter Qasim Bukhari fest, dass bis zum 11. März 2020 90 Prozent aller Infektionen an Orten auftraten, an denen die absoluten Luftfeuchtigkeit zwischen 4 und 9 g/m3 lag. Ohnehin sei eine hohe Luftfeuchtigkeit für die Ausbreitung von Atemwegserkrankungen hinderlich.
Ähnliche Beobachtungen aus China
Ähnliche Beobachtungen schilderten auch chinesische Forschenden der Tsinghua-Universität. Sie berichteten, dass in 100 chinesischen Städten die Rate der Neuinfektionen zurückging, als die Temperatur und Luftfeuchtigkeit anstieg.
Die chinesischen Forschenden errechneten, das durch steigende Temperatur und Luftfeuchtigkeit die sogenannte Basisreproduktionszahl sinkt. Diese Zahl gibt an, wie viele weitere Menschen eine erkrankte Person ansteckt. Liegt dieser Wert bei 1 steckt ein Erkrankter eine weitere Person an. Um eine Epidemie zu stoppen, müsste dieser Wert unter 1 sinken. Das Robert Koch-Institut schätzt die Basisreproduktionszahl von Covid-19 auf 2,4 bis 3,3. Das chinesische Forschungsteam errechnete, dass pro Grad Celsius Temperaturanstieg die Basisreproduktionszahl um 0,0383 sinkt. Zudem sinke die Zahl um weitere 0,0224 pro 1 Prozent Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit.
Der tatsächliche Einfluss wird sich in Kürze zeigen
Ob die beiden Forschungsteams recht behalten, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Die Forschenden unterstreichen jedoch, dass die Ergebnisse nicht vermuten lassen, dass sich SARS-CoV-2 in warmen Gebieten nicht ausbreiten kann. Die Berechnungen beruhen auf der derzeit verfügbaren Datenlage und es gebe viele unbekannte Faktoren. Viele Virologen wie beispielsweise Christian Drosten betonen zudem, dass ein Anstieg der Temperatur zwar förderlich für die Eindämmung sein könnte – dies allein voraussichtlich aber nicht reichen werde, um die Epidemie zu stoppen. (vb)
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