Taten in Frankfurt und London: Psychiaterin warnt davor, falsche Schlüsse zu ziehen

Zwei unfassbare Taten innerhalb weniger Tage: In Frankfurt stirbt ein Kind nach einem Stoß vor einen einfahrenden ICE, in London soll ein Jugendlicher einen Jungen von der Aussichtsplattform eines Museums geworfen haben. Charité-Medizinerin spricht darüber, warum Menschen solche Taten begehen.

Wer macht so etwas – einen Wildfremden vor einen Zug oder aus großer Höhe herunterstoßen? Nach den Gewalttaten gegen Kinder am Frankfurter Hauptbahnhof und am Londoner Museum Tate Modern hat eine Expertin die Seltenheit solcher Taten betont.

"Diese Fälle sind extreme Raritäten", sagte die Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Berliner Charité, Isabella Heuser. Verallgemeinerungen seien schwierig: "Weil es so selten ist, kann man eigentlich keine Regel aufstellen."

Opfer waren zur falschen Zeit am falschen Ort

Aus einzelnen Fällen aus der Vergangenheit wisse man, dass die Täter an einer Psychose erkrankt waren und in akutem Wahn handelten, sagte die Psychiaterin. Sie fühlen sich zum Beispiel verfolgt. Das könne man sich wie einen plötzlichen Krankheitsschub vorstellen. "Letztlich haben diese Patienten eine ungeheure Angst. Aber das ist natürlich die Verkennung der Realität. Sie können dann eben auch Angst haben vor einem Kind." Die Opfer seien zur falschen Zeit am falschen Ort, wenn es zu den völlig abrupten, überfallartigen Taten komme.

Psychische Erkrankungen nicht unter Generalverdacht stellen

Andere Motive wie Machtausübung spielten nach ihrer Erfahrung keine Rolle, wenn sich Täter und Opfer nicht kennen, sagte Heuser. Mit Blick auf die öffentlichen Debatten nach Taten wie der in Frankfurt warnte sie davor, Menschen mit psychischen Erkrankungen unter Generalverdacht zu stellen. Denn tatsächlich seien Patienten mit Schizophrenie, Psychose, schweren Depressionen oder Abhängigkeitserkrankungen, wenn sie in Behandlung sind, keine tickenden Zeitbomben: Sie seien sogar weniger gewalttätig als die Normalbevölkerung, betonte die Expertin. Das betreffe sowohl Gewalt gegen andere als auch Gewalt gegen sich selbst.

Drogen als Auslöser für Gewalt

Grundsätzlich sei auch denkbar, dass es unter dem Einfluss bestimmter Drogen zu sinnloser Gewalt gegen Fremde komme, so Heuser. "Schlimme Gewalttaten gegen Unbeteiligte gingen zum Beispiel schon von Menschen aus, die unter Methamphetamin standen, und das in hohen Dosierungen eingenommen hatten." Stöße auf Gleise seien in dem Kontext zwar nicht bekannt, aber sinnlose Messerstiche auf Fremde zum Beispiel.

Methamphetamin ist bekannter unter dem Namen Crystal Meth. Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen sind Überdosen mit dieser Droge leicht möglich – dies gehe mit einem erhöhten Risiko für Angstzustände und Halluzinationen einher.

Fälle aus London und Frankfurt erschrecken

In London soll ein 17-Jähriger am Sonntag einen Sechsjährigen von der Aussichtsplattform des Museums Tate Modern geworfen haben, ihm wird versuchter Mord vorgeworfen. Der kleine Junge überlebte den Sturz schwer verletzt. Ein bestimmtes oder offenkundiges Motiv sei bislang nicht erkennbar, berichteten Ermittler.

Am 29. Juli hatte ein Mann am Frankfurter Hauptbahnhof einen achtjährigen Jungen und dessen Mutter vor einen einfahrenden ICE gestoßen, das Kind starb. Ein psychiatrisches Gutachten über den 40 Jahre alten Tatverdächtigen aus Eritrea wurde beauftragt. Der Beschuldigte, ein dreifacher Familienvater, soll in diesem Jahr in psychiatrischer Behandlung gewesen sein.

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